Gustav Mahler

Gustav Mahler – Raum im Stadtmuseum Bad Hall, 1990 eingerichtet mit einer Büste von Bildhauer Josef Diethör und Repros des Briefes und von Bildern

Gustav Mahler (1860-1911) in Bad Hall: Sommer 1880 ( Juni, Juli, August)

Gustav Mahler nahm 1880 die Stelle als Kapellmeister im kleinen aufstrebenden Kurort Bad Hall an. Professor Epstein, Mahlers Klavierlehrer,  hat ihm dazu geraten, ein Agent in Wien hatte ihn vermittelt. Mahler war damals 20 Jahre alt. Hier sammelte er die ersten  Erfahrungen als Kapellmeister.

 Beweis für die Anwesenheit von Mahler: Lohnabrechnung 1880

Mahler verdiente pro Monat 30 Gulden . Die Abrechnung betraf immer den Zeitraum von zwei  Wochen mit je 15 Gulden. Das Theater-Ensemble bestand  1880 nach der Abrechnung  aus 15 Personen. Der höchste Lohn betrug 60 Gulden pro Monat, der niedrigste 25 Gulden pro Monat. Mahler erhielt 30 Gulden. Doch 5 % musste er für den Agenten in Wien zahlen.

Insgesamt befinden sich im Besitz des Museums „Forum Hall“ fünf Zwei-Wochen-Abrechnungen und eine Gesamtabrechnung aus der Saison 1880. Im Einzelnen sind dies:

  • Gagen-Abrechnung vom 1.6. bis 15.6.1880
  • Gagen-Abrechnung vom 16.6. bis Ende Juni 1880
  • Gagen-Abrechnung vom 1.7. bis 16.7.1880
  • Gagen-Abrechnung vom 1.8. bis 16.8.1880
  • Gagen-Abrechnung vom 17.8. bis 1.9.1880

Arbeitsbereich Mahlers:

Als Kapellmeister musste er Operetten, Lustspiele und Singspiele dirigieren. Der Direktor des Theaters hieß Viktor Berthal, der Leiter der Schauspieler und Sänger Carl Ludwig Zwerenz.

Das Repertoire war breit gefächert. Es stellte einerseits höhere Ansprüche, umfasste aber zum Großteil Schwänke und Possen.

Spielplan 1880:

Aus dem Jahre 1877 ist ein „Ausweis der Einnahmen und Ausgaben des Theater-Unternehmens zu Hall in der Saison 1877“ erhalten geblieben. Demnach gab es in der Zeit vom 28. Juni 1877 bis 28. August 1877 insgesamt 34 Vorstellungen. Meistens kamen an einem Abend zwei Stücke, ein Lustspiel und ein Musiktheater, zur Aufführung. Für das Jahr von Mahlers Engagement ist ein solcher „Ausweis“ nicht erhalten. Dafür gibt es aber noch sieben Originalplakate. Aus dem Jahre 1879 ist sogar ein Originalfoto der Theatergruppe vorhanden, das eine interessante kostümierte Gruppe, aus sieben Personen bestehend, zeigt. Es dürfte keine großen Unterschiede in der Zusammensetzung im Jahre 1880 gegeben haben.

Allerdings begann die Theatersaison 1880 bereits Anfang Juni, denn am 5. Juni fand schon die 5. Vorstellung im Theater statt, wie auf den großen Plakaten angeführt ist. Mahler hatte mindestens 15 Vorstellungen mehr zu absolvieren. Man könnte als Gesamtzahl der Aufführungen unter Mahler´s Kapellmeistertätigkeit in den drei Monaten Juni, Juli, August 1880 mit 48 Stücken annehmen, was monatlich 16 Aufführungen bedeutet !

Folgende Vorstellungen fanden nach den Plakaten statt:

Datum„Vorstellung  Nummer“Aufführung
10.6.1880Nr. 5„Garibaldi“ Schwank von J. Rosen „Tritsch-Tratsch“ Posse mit Gesang von J. Nestroy
13.6.1880Nr. 7„Drei Paar Schuhe“ Musik von C. Millöcker (Vorstellungsbeginn um ½ 5 Uhr – eine halbe Stunde früher)
15.6.1880Nr. 8„Nur zwei Gläschen“ Schwank von J. Böhm „Des Löwen Erwachen“ Komische Operette von Johann Brandl
16.6.1880Nr. 9„Die gebildete Köchin“ Posse mit Gesang von F.Berg, Musik von Hopp Gastspiel der Opernsängerin Frau Petzer-Löscher vom k.Theater in Prag (Arie der Leonore, Schubertlieder, Costadiva aus „Norma“ „Eine ruhige Partei“ Posse mit Gesang von J. Wimmer
23.6.1880Nr. 12„Eine verfolgte Unschuld“ Posse von A. Langer „Er muss taub sein“ Schwank von D.C. Malten
26.6.1880Nr. 13„Die Hochzeit bei Laternenschein“ Operette von J. Offenbach „Rezept gegen Schwiegermütter“ Schwank von Tastenroth
1.8.1880o.a.„Die Hochzeit bei Laternenschein” Operette von J. Offenbach „Il bacio“ Schwank von J. Rosen (Vorstellungsbeginn: ½ 5 Uhr)

Brief von Gustav Mahler an Albert Spiegler, stud.med. in Wien, 1.  Stadiongasse 2, 3. Stock. (Original im Museum „Forum Hall“)

Abgestempelt in „Hall“ am 21.6.1880. Interessanterweise hatte das Postamt die kürzlich erfolgte Namensänderung des Ortes „Hall“ zu „Bad Hall“ noch nicht vollzogen.

Wortgetreue Abschrift des Briefes:

Am Beginn des Briefes steht über der Ansicht Pfarrkirchen von Bad Hall aus folgender Text: 

„Dort, wo die 2 Kreuzlein stehen auf dem Worte „Schmeißfliegen“xx , liegt, wenn die Perspektive gut geführt ist das Theater und Hall selbst.“

„Als Kuriosum, lieber Freund, schreibe ich auf diesen Carton. Das Haus, über das ich das Kreuz hingemalt habe, ist mein Wohnort. Freilich ist die Gegend viel schöner, als dieser Holzschnitt meint, er hat nur so verweinte Augen, deshalb sieht er alles öd und blass. Mir selbst geht es den Umständen angemessen. Weder lasse ich den Unmut vollends über mich Gewalt gewinnen, wie die meisten noch versuche ich durch einen Scherz über dies Pein hinwegzuhelfen, und hoffe, es wäre auch läppisch, wenn einem die Schmeißfliegen  + zum Jammern brächten. Wenn ich klage, so hat dies einen anderen Grund, der nicht jetzt erst entstanden ist und vor allem, der nicht so gering ist, als dass du darüber die Achseln zucken solltest. Wo ist Lipiner? Es ist wahrhaft rücksichtslos von ihm, dass er den Rübezahl mit seiner Bagage in der Welt herumschleppt und mir, der danach jammert nicht einmal ein Lebenszeichen gibt. Ich weiß ja gar nicht, ob er noch existiert, denn er ist das einzige Exemplar, das ich besitze. Möchte gerne weiter daran arbeiten, obwohl mir vor Ärger beinahe die Lust schon vergangen ist. Ich bitte dich, gib mir seine Adresse an und tue selbst etwas, dass ich mein Manuskript erhalte. Wenn ich zu allen Widerwärtigkeiten noch diese selbst geschaffenen über mich ergehen lassen muss, so überläuft mir wahrlich die Galle. Ich bitte dich, vergesse ja , sofort etwas in dieser Sache zu tun. Ich möchte dem Lipiner selbst schreiben, aber ich weiß nicht, wo er wohnt. Auch Krzyz, dem ich geschrieben, scheint vergessen zu haben, dass ich noch in der Welt bin. Ich habe vergessen, als ich von Wien fortging, mir den Index abzuholen. Ich habe ihn seinerzeit dem Fakultätsdiener zur Besorgung der Textierungen übergeben zum Beginn des Sommersemesters und dann vergessen, ihn abzuholen. Wenn du einmal auf die Universität kommst, so frage danach.

Wirst du mich nicht einmal in Hall besuchen? Hier lebst du sehr billig und gut. Was den Jean Paul anbetrifft, so wäre mir freilich das genannte Exemplar genügend. Aber wo die 5 “Spieße“ aufzutreiben, die es kostet? Noch einmal lege ich dir ans Herz, mir Lipiners Adresse zu schreiben und die Rücksendung zu bezahlen zu veranlassen.

Mit herzlichem Gruß

Gustav Mahler

Hoffe dass du mir bald antwortest.“

Adresse auf der Rückseite des Briefes: „Gustav Mahler. Pfarrkirchen, Bad Hall in Oberösterreich“

Mahler-Gedenktafel im KurparkInitiatoren:
Museum Forum Hall / Gemeinde
2003 Finanziert durch Sponsoren: Land OÖ, Tassilo-Kur, Volksbank, Swietelsky, Gustav-Mahler-Gesellschaft, Forum Hall
In diesem Haus „Blauensteiner“ verbrachte Gustav Mahler 1880 die drei Monate seines Aufenthaltes in Bad Hall.
Gedenktafel am Haus „Blauensteiner“ in Pfarrkirchen und Ansichtskarte von 1925 (Museum, Fotoarchiv)