Dr. Friedrich Trichtel

1926 – 1993

Bedeutender Augenarzt und Kurarzt in Bad Hall von 1959 bis 1989

Geboren am 18. Juli 1926 in Wien als Friedrich Eduard Heinrich Trichtel

Verstorben am 11. September 1993 in Bad Herrenalb, Deutschland

Aus der Kartei für das Ärzte-Archiv (übermittelt von Monika Trichtel, 2024)

Ausbildung:

Gymnasium Lycee Pasteur in Paris bis zur mittleren Reife, dann Gymnasium Waidhofen

Matura am 13.7.1944 in Waidhofen a.d.Ybbs

Kriegsdienst 1944 – 1945 an der Ostfront, Panzergrenadiere.

Amerikanische Kriegsgefangenschaft bis Herbst 1945

Studium der Medizin in Wien und in Uppsala (Schweden)

Promotion in Wien am 3.7.1953

Ärztliche Berufslaufbahn:

1953 – 1959: Gastarzt und klinischer Hilfsarzt an der 1. Universitäts-Augenklinik Wien

Während der Sommermonate wurde er delegiert an die Augenabteilung des Paracelsus-Instituts in Bad Hall, Oberösterreich.

1953 – 1955 als wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Pillat

1956 – 1959 als örtlicher Leiter der Abteilung

1959 – 1989: niedergelassener Augenfacharzt und Kurarzt in Bad Hall

Pensioniert von 1989 – 1993

Wissenschaftliche Leistungen:

25 Veröffentlichungen in anerkannten medizinischen Fachzeitschriften.

Vorträge im In- und Ausland sowie verschiedene Interviews im Fernsehen und Rundfunk

Buchveröffentlichungen:

F. Trichtel: Der Augenkranke im Jodkurort Bad Hall, Oberösterreich: ein ärztlicher Ratgeber für den Kurgast. Bad Hall 1966

F. Trichtel: Das Licht und die Pathologie des Auges. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1983

F. Trichtel: Zur Entstehung und Therapie der Myopie. Stuttgart: Verlag Ferdinand Enke 1986

F. Trichtel: Ärzte, Bastler und Schamanen. Frankfurt/Main: Verlag Haag und Herchen 1995 (posthum)

Ärztliche Leistungen:

Entwicklung eines Iontophorese-Gerätes zur Anreicherung des Auges mit Jod. Grundlage für die heutige Ophthalmo-Jodiontophorese-Apparatur.

Entwicklung einer Sauerstoff-Amylnitrit-Inhalations-Therapie als unterstützende Behandlungsform

Einsichten und Erkenntnisse:

„Dr. Trichtel gehört zu den profiliertesten und bekanntesten Augenärzten Österreichs. Sowohl seine wissenschaftlichen Arbeiten als auch seine Buchveröffentlichungen haben internationale Anerkennung und Beachtung gefunden.

Er erkennt die Bedeutung der Psychotherapie für die Behandlung von früher als unbehandelbar geltenden Augenleiden, studiert Psychologie in Wien und schließt das Studium mit einer siebenjährigen Lehranalyse ab.

Dr. Trichtel weist nach, dass Fehleinstellungen des vegetativen Nervensystems, hervorgerufen durch psychische Überlastung wie Stress und Neurosen, den Augendruck erhöhen, die Augendurchblutung stören und infolge einer den Lichtverhältnissen nicht angepassten übermäßigen Pupillenweite Lichtschäden an der Netzhaut bewirken können (psychosomatische Erkrankungen des Auges).

Als Anhänger der Tiefenpsychologie betont er, dass es wichtig ist, den Patienten auch seelisch zu betreuen. So lässt er seinen Patienten stets persönliche Beratung und umfassende Betreuung zukommen.“

Herkunft und Familie:

Die Eltern sind Trichtel Friedrich Wilhelm, Bankbeamter (geb. 1895 in Czernowitz, Galizien) und Anna Friederike Henriette, geb. Ehmann (geb. 1896 in Wien IV.)

Eheschließungen:

1. Ehe am 22. März 1956 mit Helga Trichtel geschlossen, 1 Mädchen 1963 adoptiert, 1973 Ehe geschieden.

2. Ehe am 13. Juli 1979 mit Monika Hanna Pohl geschlossen.

Nachruf im Bad Haller Kurier 27.10.1993:

„In Memoriam Dr. Friedrich Trichtel

Nach langer schwerer Krankheit ist Dr. Friedrich Trichtel im September gestorben. Seine jahrelange Tätigkeit als Augenarzt in Bad Hall hat die Entwicklung unseres Kurortes entscheidend und nachhaltig mitbestimmt.

Es war Dr. Trichtel, der in Zusammenarbeit mit deinem Techniker das bekannte Behandlungskonzept der Iontophorese zur Anreicherung von Jod im Auge praktikabel und zur leicht anwendbaren Therapiemethode entwickelt hatte.

Nicht nur diese Sonderform der „medikamentösen Therapie“ des Auges stand im Vordergrund seiner Behandlung, sondern vielmehr noch galt ihm die Psychotherapie als Schwerpunkt seiner ärztlichen Hilfeleistung. Dr. Trichtel war einer jener Ärzte, die sich schon früh mit der Bedeutung von psychosomatischen Erkrankungen befasst haben, lange bevor diese Sichtweise akzeptiertes Gut in der Medizin wurde.

Unermüdlich, unbeirrbar, von vielen missverstanden und fehlinterpretiert, hat Dr. Trichtel das Auge als vegetativ innerviertes Organ bezeichnet, das deshalb in hohen Maße psychovegetativen Einflüssen ausgesetzt und daher sowohl starken akuten als auch langanhaltenden leichteren psychischen Belastungen gegenüber empfindlich reagiert.

Eine durch psychische Überlastung, etwa bei Stress, Neurosen, hervorgerufenen Fehleinstellung des vegetativen Nervensystems könne Erhöhungen des Augendruckes, Störungen der Augendurchblutung und infolge einer den Lichtverhältnissen nicht angepassten übermäßigen Pupillenweite Lichtschäden an der Netzhaut bewirken.

Für Dr. Trichtel stellte gerade die Bad Haller Kur ein sehr gutes Behandlungsverfahren für die sogenannten Augenerkrankungen dar. Nur bei der Kur kommen zu den positiven pharmakologischen und physiotherapeutischen Wirkungen Effekte hinzu, die durch Urlaubserlebnis und körperliche Bewegungsmöglichkeit zur psychovegetativen Beruhigung und damit zur Besserung vehement beitragen. Auch das Bewusstsein des Kurpatienten, akzeptiert, gut versorgt und betreut zu werden, spielten für Dr. Trichtel eine entscheidende Rolle.

Weit über die Grenzen bekannt wurde Dr. Trichtel zum Magneten für sehr viele Augenerkrankte und Sehbehinderte. So wurde er auch zu einem Motor für den Bad Haller Kurtourismus und damit für die Wirtschaft in den verschiedensten Bereichen.

Dr. Trichtel hat leider vor einigen Jahren Bad Hall verlassen und ist nach Deutschland übersiedelt. Seine Verdienste um unseren Kurort sind unbestritten, werden uns in Erinnerung bleiben und erfüllen uns mit respektvoller Dankbarkeit.

Dr. Walter Loos als Vertreter der Kurärzteschaft

Bürgermeister Reg.Rat H. Pfanner

W.Hofrat DI G. Pfeil, Direktor der Landeskuranstalten

Kurkommission und Kurverwaltung Bad Hall: Wilhelm Obermeir, Wolfgang Preisinger

Erzählungen über Dr. F. Trichtel (Helga Trichtel)

Ordination in Bad Hall:

Anfangs im „Neuen Badehaus“, Eduard Bach Straße 4 im Tiefparterre waren die Ordination und ein Zimmer als Wohnung, im Obergeschoß erfolgten die Behandlungen.

Ab 1959 bekamen sie die Wohnung und Ordination im „Haydvogl-Haus“ (Haus Salzburg) in der Franz-Josef-Straße. 1967 erfolgte der Kauf und Umbau des ehemaligen Ärztekammerhauses in der Feldgasse 4. Die Ordination wurde erweitert und blieb in der Franz-Josef-Straße bis 1989.

Zum Leben mit Dr. Friedrich Trichtel:

Für die Forschungen zu den Augen wurden damals Hasen als Versuchstiere verwendet, weil die Augen sehr ähnlich wie beim Menschen sind. Helga Trichtel bekam eine Assistentenstelle bei Professor Pillat. Dr. Trichtel forschte und entwickelte das erste Gerät zur Iontophorese zusammen mit Ing. Wühl.

In der Körblvilla ordinierte damals Dr. Schubert als Augenarzt, der einmal von Dr. Trichtel vertreten wurde. Das hat ihm sehr gut gefallen, er hat „Blut geleckt“ und machte sich selbständig.

Während der Sommermonate hatte er sehr viele Patienten, fast alle Privatpatienten. Oft ordinierte er von 3 Uhr früh bis 6 Uhr abends. Sie kamen von allen Heimen und die Therapien fanden im Kurhaus statt. Er hatte ständig Debatten mit dem Land OÖ über das Jodwasser, die Bäder und die Behandlungen, was nicht nach seinem Willen und Vorstellungen geschah.

Die Ordination in der Franz-Josef-Straße war sehr modern eingerichtet. Denn er bekam von seinen Eltern eine Eigentumswohnung, die verkauft wurde und das Geld wurde für die Ordinationseinrichtung verwendet.

Er war ein sehr guter Arzt und hat sich auch mit der Psyche der Patienten befasst und den Menschen die Zusammenhänge gut erklärt.

Es gab viele Partys mit den anderen Ärzten, denn er wollte in Kontakt mit den hiesigen Ärzten sein. Das waren Dr. Hirst, Prof. Helleis, Apotheker Walter und Rosemarie Eidherr.

1971 wurde die Idee zur Gründung eines Bad Haller Carneval-Clubs geboren. Die Ära begann mit viel Engagement. Auch die Tochter Gabi war bei der Kindergarde dabei, die von Monika Pohl betreut wurde.

Erzählung über Dr. F. Trichtel (Monika Trichtel):

Nach der Pensionierung 1989 lebte er noch vier Jahre, die von der schweren Krankheit der Leber gekennzeichnet waren. Er wurde in Wien operiert und wir zogen von Bad Hall nach Bad Herrenalb in Baden-Württemberg.

Quellen: Berichte und Privatfotos von Helga Trichtel, Bad Hall 2024, Berichte und Fotos von Monika Trichtel, Bad Herrenalb 2024. Fotos von Inge Latschenberger-Ehrig, Recherchen in den Genealogienetzen, Steyrer Kalender